Noch vor meinem Coming Out las ich in einem Stadtmagazin die Rezension des Romans „Remeurs Sünden“ von Hans Scherer. Darauf hin nahm ich all meinen Mut zusammen und kaufte das Buch in einer lokalen Buchhandlung (Amazon gab es damals noch nicht). Die Lektüre offenbarte sich mir ein schwules Paralleluniversum, von dessen Existenz ich zuvor noch nie gehört hatte: Cruising Areas! So werden öffentliche Orte bezeichnet, an denen sich bisexuelle und homosexuelle Männer für schnellen, anonymen Sex treffen. Der Roman erzählt die Geschichte eines Reisenden, der die Welt der Klappen, Saunen oder Stricherkneipen erkundet.
Was sind Cruising Areas?
Cruising Areas befinden sich meistens in öffentlichen Parks und an Autobahnparkplätzen. Ich kaufte mir den Spartacus Gay Guide und fand heraus, dass es sogar in meiner Kleinstadt gleich mehrere Einträgen unter dieser Kategorie gab. U.a. handelte es sich bei der öffentlichen Toilette direkt neben der Bushaltestelle, an welcher ich jahrelang nach der Schule auf den Bus gewartet hatte, um eine Klappe!
Lesetipp: An diesen Orten kannst du Männer für schwulen Sex finden!
Von nun an ging ich beinahe täglich auf diese und weitere Klappen in der Stadt. Außerdem informierte ich mich über Cruising Areas auf Autobahnparkplätzen in anderen naheliegenden Städten oder auf Reisen. Fast immer sind es die schönsten Orte, die sich die Männer zum Cruisen aussuchen:
- Die Isarauen in München
- Die Bullenwiese an den Ricklinger Kiesteichen in Hannover
- Der Mont Juic Park in Barcelona
- Die Dünen von Maspalomas auf Gran Canaria!
Internet-Pornos haben die Cruising-Kultur zerstört
Vor einigen Jahren änderte sich die Cruising-Kultur jedoch schlagartig: Auf öffentlichen Toiletten, auf Autobahnparkplätzen und sogar in den von mir besonders geliebten Pornokinos nahm die Anzahl der Besucher spürbar ab. Ich bin überzeugt, dass dies eine Folge des Siegeszugs der frei und kostenlos zugänglichen Pornoportale wie Pornhub, xhamster usw. im Internet ist.
Anstatt sich in freier Wildbahn auf die Suche nach einem Sexpartner zu machen, onanieren die Männer heutzutage lieber vor dem Computer. Dabei lassen sie sich der der endlosen Fülle an kostenlosen Sexfilmen aufgeilen.
In Cruising Areas, Gaysaunen und Pornokinos tummeln sich heute fast nur noch ältere Männer. Vielleicht haben diese zuhause noch keinen Internetanschluss im Haus. Gegenteilige Erfahrungen habe ich in muslimisch geprägten Ländern gemacht, in denen (nicht nur schwule) Sexwebsites gesperrt sind. In arabischen Ländern kann man auch heute noch auf fast jeder öffentlichen Toilette anonymen Sex haben. Badehäuser – die sogenannten Hammams – dienen als Treffpunkte, an denen sich Männer gegenseitig sexuell verwöhnen.
Somit hatte Wolfgang Joop leider Recht, als er sagte: „Wenn Sex überall ist, gibt es keinen mehr.“